Mon inséparable
Anne-Sophie Bailly, France, 2024o
Mona lives with her adult son, Joël, who is "slow," as they say. He works in a specialized facility and is passionately in love with his coworker, Océane, who is also disabled. While Mona knows nothing of their relationship, she eventually learns that Océane is pregnant, and the symbiotic bond between mother and son falters.
Nach dem Triumph von Un p'tit truc en plus in Frankreich könnten Filme über das Thema Behinderung bald häufiger zu sehen sein. Anne-Sophie Bailly erster langer Spiefilm, der es an das Filmfestival in Venedig schaffte, verdankt sich jedoch keiner Modeerscheinung und konzentriert sich zudem eher auf eine alleinerziehende Mutter, die sich für ihren „besonderen“ Sohn aufopfert. Die geistige Behinderung des mittlerweile erwachsenen Joel ermöglicht es ihm, in einer Sondereinrichtung zu arbeiten. Als er eine Kollegin schwängert und seine Mutter realisiert, dass sie nichts von dieser Beziehung wusste, wird Mona, die ebenfalls eine potenziell bedeutsame Bekanntschaft gemacht hat, alles zuviel. Wird es ihr gelingen, loszulassen und sich und ihrem „Unzertrennlichen“ mehr Autonomie zuzutrauen? Während der Anfang, der sich auf das symbiotische Mutter-Sohn-Paar und fürchterlich banale Kulissen beschränkt, wenig vielversprechend erscheint, überrascht der Film danach fotlaufend. Nicht nur wird die Frage, die sich aus der peinlichen Schwangerschaft ergibt, absolut realistisch behandelt, mit jungen Darsteller:innen, die selbst (leicht) behindert sind, sondern auch die dramatischen Entwicklungen werden immer fesselnder und bleiben dabei frei von Melodramtik. Als Mona Joël zu einem Ausflug an die französisch-belgische Grenze mitnimmt, baut sich eschliesslich echter Suspense auf. Aber es ist vor allem die lebensechte Darstellung von Laure Calamy als nicht unbedingt vorbildliche Mutter Courage, die mitreisst. Zwischen Gefühlen von Ungerechtigkeit, Scham, Frustration, Verantwortung, Schuld und dem Wunsch zu vergessen, durchläuft sie jeden Zustand und offenbart, was die Eltern solcher Kinder durchmachen, während sie sie lieben.
Norbert Creutz