Sing Sing
Greg Kwedar, USA, 2024o
After the curtain has fallen and the applause has died down, John “Divine G” Whitfield returns to his cell in Sing Sing maximum security prison. Here he is serving a long prison sentence for a murder he did not commit. The inmate theater is his only ray of hope in a monotonous prison life marked by quiet despair. When the unpredictable Clarence “Divine Eye” Maclin joins the theater program, the group's creative routine is thrown off balance.
Wer in einem Theaterstück mitspielt, versetzt sich in andere Leute, entwickelt Mitgefühl für sie und lernt sich dabei selbst besser kennen. Auf dieser Hoffnung basiert das Programm «Rehabilitation Through the Arts» im New Yorker Gefängnis Sing Sing, an dem seit 1998 Hunderte von Häftlingen teilgenommen haben. Einige von Ihnen spielen persönlich im gleichnamigen, dreifach oscarnominierten, aber leer ausgegangenen Dokudrama von Greg Kwedard mit, das der gebürtige Australier zusammen mit seinem kreativen Partner und zweien der Hauptfiguren in achtjähriger Arbeit entwickelt hat. Erzählt wird fast ausschliesslich von der Planung und den Proben zu den Gefängnisstücken, bei denen ein erfahrener Regisseur als Mentor agiert und bisweilen auch wie ein Aufseher intervenieren muss. Im Zentrum stehen die zwei gegensätzlichen afroamerikanischen Alphatiere «Divine G» und «Divine Eye», die beiden langjährige Strafen wegen Mord bzw. Raubüberfall absitzen, und in einer geplanten Zeitreisen-Farce beide die einzige ernsthafte Rolle ergattern wollen, jene von Hamlet – man hat doch Ansprüche. Grossartig meidet der theatralisch anlaufende (und diese Tonlage nie gänzlich abstreifende) Film jedoch die Reduktion auf diese Egoshow-Schiene und einige weitere Knastdrama-Fallen, hält stattdessen die ganze schillernde Truppe mit ihren Spleens und ihrem Slang, ihren Traumata und Krisen im Spiel und schafft es, dabei auch den Gefängnisalltag mit all seinen Frustrationen und Aggressionen einzuflechten. Der kunstbeflissene Divine G, angebliches Opfer eines Justizirrtums, wird mit Verve vom Starschauspieler Colman Domingo verkörpert, der gefährlich launische Divine Eye vom echten Ex-Gangster Clarence Maclin. Am Ende ist man so weit, dass man den beiden die gänzlich unwahrscheinliche Freundschaft abnimmt. Die kriminelle Rückfallquote der entlassenen Sing-Sing-Häftlinge soll übrigens bei 60% liegen jene der RTA-Absolventen bei 3% . Sage jemand, dass Kunst nichts bewirkt.
Andreas FurlerGalleryo









