Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse
Wolfgang Becker, Germany, 2025o
All his life, Michael Hartung, owner of a hopelessly debt-ridden video store, has bet on the wrong horse. When an ambitious journalist confronts him with the results of his research, everything changes for the charmingly melancholy Micha. Many years ago, as an employee of the Reichsbahn, he is said to have organized the largest mass escape in the GDR. Stasi files prove the case. He was apparently even imprisoned and then deported to an open-cast lignite mine. Seduced by a lavish salary, Micha confirms the story, although only fragments of it are true.
Wer mit der deutschen Film- und Serienlandschaft der letzten dreissig Jahre halbwegs vertraut ist, wird nur schon an der Besetzung des postum erscheinenden letzten Films von Wolfgang Becker einiges Vergnügen haben. Charly Hübner gibt einen Ex-Ossi und Betreiber einer serbelnden Videothek, auf dessen einstige Heldentat ein Reporter zum dreissigsten Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 2019 stösst: Der damalige Ostberliner U-Bahn-Wärter soll 1983 eine Weiche am Bahnhof Friedrichstrasse so gestellt haben, dass ein ganzer Zug nach Westberlin fuhr und den Passagier:innen die spontane DDR-Flucht ermöglichte. Dass die Tat in Wahrheit nicht halb so glorreich war, liegt auf der Hand, doch der bedrängte Videothekar lässt sich vom Reporter in eine aufgebauschte Heldenstory hineinziehen, die ihn bald auch zur Schwindelei seiner Tochter (Léonie Benesch) und einer hoffnungsvollen Bekanntschaft (Christiane Paul) gegenüber nötigt, zum gefragten Talkshow-Gast macht und in eine Verfilmung mit Daniel Brühl mündet. Letzteren kennt man u.a. von Beckers Good Bye, Lenin!, wo der Held seiner gesinnungstreuen Mutter Monate nach dem Mauerfall eine heile DDR vorgaukelt. Auf das Niveau jenes legendären Schelmenstücks schafft es Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse nicht ganz: Allzu anekdotisch mutet der Vorfall mit der Weiche an, bisweilen abenteuerlich konstruiert die Story, nie ganz ausgeschöpft ihr komödiantisches Potenzial. Doch amüsant anzusehen ist allemal, wie sich Hübner als ein Ossi-Big-Lebowski im Lügengestrüpp verheddert, bis er sich endlich tatsächlich ein Herz fasst. Wenn zum Stelldichein der Gefährt:innen schliesslich auch noch der Schweizer Regisseur Dani Levy hinzukommt, Beckers langjähriger Geschäftspartner bei der Berliner Produktionsfirma x-Filme, so rundet sich die Sache vollends: kein letzter Exploit zwar, doch eine schöne Coda zu Beckers grossem kleinen Lebenswerk.
Kerstin BlankGalleryo
